Willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts – heute mit einem ganz besonderen Thema, das viele Eltern beschäftigt: Radreisen mit Kindern. Während wir in früheren Episoden schon über klassische Radreisen und Tagestouren gesprochen haben, widmen wir uns diesmal einer Herausforderung, die Abenteuer, Organisationstalent und eine gute Portion Flexibilität vereint: dem Unterwegssein mit dem Fahrrad als Familie.
Denn für viele klingt die Vorstellung zunächst nach logistischer Überforderung oder zumindest nach einer sportlichen Mutprobe – vor allem, wenn man als Elternteil alleine mit mehreren Kindern loszieht. Genau das hat unser heutiger Gast, Janett, aber getan – und zwar nicht nur einmal. In dieser Folge erzählt sie von ihren Erfahrungen als alleinreisende Mutter mit drei Kindern auf dem Fahrrad, vom ersten Aufbruch auf dem Berlin–Kopenhagen-Radweg bis hin zu Touren durch Dänemark, Holland oder entlang der Ems.
Wir sprechen darüber, wie es überhaupt zu der Idee kam – zwischen Trennung, Corona-Reiseunsicherheit und der Suche nach einer machbaren, günstigen Urlaubsform. Janett erzählt, wie sie als ehemalige Radreiseleiterin ihr Know-how auf die neue Familiensituation übertrug – und welche Annahmen sich unterwegs als Trugschluss erwiesen: etwa die Tagesplanung von 50 bis 60 Kilometern, die sich mit drei Kindern und Zelt ganz anders anfühlt als alleine auf Tour.
Wenn ihr also selbst mit dem Gedanken spielt, eine Radreise als Familie zu unternehmen – ob mit einem, zwei oder drei Kindern –, dann ist diese Folge für euch. Hört rein und lasst euch inspirieren von Geschichten, Tipps und ehrlichen Einblicken in das, was passiert, wenn man mit Kindern nicht nur ins Auto oder Flugzeug steigt, sondern auf zwei Rädern und mit Zelt in die Ferien aufbricht.
Radreisen mit Kindern – es funktioniert!
Sie kommt aus Magdeburg und ist Mutter von drei Kindern. Ihre erste Radreise mit den Kindern unternahm sie 2021 – allein mit ihren damals 8, 11 und 12 Jahre alten Kindern. Die Tour führte sie auf dem Berlin–Kopenhagen-Radweg bis nach Rostock. Geschlafen wurde überwiegend im Zelt, mit einer Hotelübernachtung als Ausnahme.
Auslöser für diese Reise war eine Trennung, finanzielle Einschränkungen sowie die Unsicherheit in der Corona-Zeit. Janett, die früher selbst viele Radreisen unternahm und als Radreiseleiterin tätig war, wollte diese Art des Reisens für ihre Familie nutzbar machen.
Motivation und Planung: Zwischen Abenteuerlust und Alltagsrealität
Die Idee zur Radreise entstand einerseits aus der Not heraus, andererseits auch aus Liebe zum Fahrradreisen. Herausforderungen wie Motivation der Kinder, Planung der Tagesetappen und Auswahl der Zeltplätze prägten die Vorbereitungen.
Ein zentrales Problem war die Einschätzung der Tageskilometer. Janett entschied sich anfangs für 50 bis 60 Kilometer pro Tag – was sich als ambitioniert herausstellte. Nicht die körperliche Belastung war das Problem, sondern Zeitmanagement: Das morgendliche Zusammenpacken mit Kindern dauerte länger als gedacht, was die Tagesplanung beeinflusste.
Organisation und Ausrüstung: Was muss mit – und was nicht?
Die Packliste wurde schlank gehalten:
- Zelt für vier Personen
- Isomatten, Schlafsäcke, Kopfkissen, Stirnlampen
- Wechselkleidung in einfacher Ausführung
- Kein Kocher auf der ersten Tour
Kochen wollte Janett nicht – eine Entscheidung, die sie später revidierte. Nach einer Situation, in der sie hungrig und ohne Verpflegung dastanden, nahm sie bei späteren Touren zumindest einen kleinen Kocher mit.
Gepäckverteilung: Jedes Kind transportierte sein eigenes Material, das große Zelt wurde aufgeteilt. Die sportlichen Kinder übernahmen teils auch Gepäck ihrer Geschwister.
Der Alltag auf Tour: Rhythmus, Regeln und Rollenverteilung
Der Tagesrhythmus ähnelte dem einer „normalen“ Radreise:
- Aufstehen (meist gegen 8:00 Uhr)
- Frühstücken
- Radfahren in Etappen
- Ankommen, Zeltaufbau, Abendroutine
Der Jüngste gab das Tempo vor – meist um die 15 km/h. Regeln wurden von Anfang an gemeinsam besprochen: z. B. wer vorne oder hinten fährt, wie man sich bei Gefahr bemerkbar macht (z. B. mit Trillerpfeifen), und dass zuerst das Zelt aufgebaut wird, bevor Freizeit beginnt.
Herausforderungen unterwegs: Was tun, wenn’s brenzlig wird?
Ein ernsthafter Zwischenfall ereignete sich auf einer späteren Tour: Ein Kind bekam starke Bauchschmerzen und musste ins Krankenhaus – 30 Kilometer entfernt. Dank guter Planung und besonnenem Handeln (Anruf beim Rettungsdienst, Nutzung des 9-Euro-Tickets zur Nachreise) konnte die Situation gemeistert werden.
Learnings aus den ersten Touren
Einige wichtige Erkenntnisse aus den Touren:
- Tageskilometer anpassen – eher 30 bis 40 km pro Tag, abhängig von Motivation und Strecke.
- Tagespausen einplanen – mindestens alle 2–3 Tage.
- Packsystem optimieren – etwa durch Obstnetze für Nachtutensilien.
- Kochausrüstung nicht vergessen – für Notfälle oder warme Mahlzeiten.
- Zeltwahl: Tunnelzelt mit Vorraum ist praktischer als kleine Iglu-Zelte, besonders bei Regen.
Motivation für Kinder: Highlights einbauen
Damit die Kinder bei Laune bleiben, baute Janett immer wieder kleine Highlights ein:
- Campingplätze an Seen
- Kanu-Touren mit Gepäcktransfer
- Spielplätze, Zoos oder besondere Sehenswürdigkeiten
- Als Anreiz: feste Ziele wie mehrere Tage an der Ostsee
Ein besonderes Erlebnis: der Besuch der Meyer-Werft in Papenburg oder spontane Begegnungen mit anderen Radreisenden, die zu gemeinsamen Abenden und bleibenden Erinnerungen führten.
Touren im Überblick: Empfehlungen und Rückblicke
Janetts Lieblingsrouten:
- Berlin–Rostock (Teil des Berlin–Kopenhagen-Radwegs): Waldreich, familienfreundlich, viele Spielplätze, gute Infrastruktur.
- Nordseeküstenradweg in Holland: Flach, kinderfreundlich, Meerzugang, gut ausgebaut.
- Dänemark mit Inselhopping: Fähren als Highlight für Kinder, wunderschöne Landschaft.
- Emsradweg: Weniger spektakulär, aber solide, mit Burgum als Highlight.
Zukünftige Pläne: Mit dem jüngsten Sohn durch Dänemark bis nach Skagen, vielleicht später weiter über Oslo und zurück nach Deutschland – wenn Zeit und Wetter mitspielen.
Rückblick & Empfehlung: Ja zum Radreisen mit Kindern!
Janett zieht ein klares Fazit: Sie würde es immer wieder tun. Trotz einzelner Schwierigkeiten war jede Reise ein Abenteuer – für sie wie für ihre Kinder. Sie bedauert eher, dass sie nicht noch früher damit begonnen hat.
Ihr wichtigster Rat: Einfach machen. Aber gut vorbereiten.
- Mitdenken bei Streckenwahl, Ausrüstung, Pufferzeiten und Zuganbindung.
- Nicht zu sehr auf starre Pläne pochen, sondern Raum für Flexibilität und Abenteuer lassen.
- Und: Die Kinder mitnehmen – im wörtlichen wie übertragenen Sinn.
Podcast anhören
Ihr findet den Podcast auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie Apple Podcast (Link), Spotify (Link), Google Podcast (Link) und Amazon Music (Link).